Psychiater werden oft mit Psychotherapeuten
verwechselt. Oder umgekehrt. Psychiater sind jedoch keine Psychotherapeuten,
die wöchentliche Therapieeinheiten anbieten und sich Unmengen an Zeit nehmen.
Psychiater sind vielmehr Fachärzte, knallharte Diagnostiker, die gegebenenfalls
auch Medikamente verschreiben und einem sagen was im Hirn oder der Seele so
alles kaputt ist.
Mein Psychiater sieht irgendwie lustig aus. Wie ein
kleiner Gnom. Vielleicht wegen der dicken Bollen Nase. Aber er schaut mich
sehr konzentriert und mitfühlend an, sodass ich sofort wieder anfangen muss zu
weinen. Zum Glück stehen die Kleenex
Tücher direkt neben mir. Nach dem ich kräftig meine Nase geschnäuzt hatte,
fragte er mich nach meinen aktuellen Lebensumständen, meiner gesamt Situation
und meinem momentanen Befinden im speziellen.
Er erklärte mir sachlich, dass ein ausgeglichenes
Leben auf mehreren Säulen basiert und bei mir in kurzer Zeit mehrere Säulen
weggebrochen sind und somit mein Seelenleben aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Es sei völlig nachvollziehbar warum ich mich so fühle, wie ich mich eben fühle.
Ich sei mit der gesamten Situation überfordert und stehe an einem Punkt, an dem
mein Körper sozusagen Streikt. In Form von Panikattacken und einer
mittelschweren Depression.
Während ich noch dabei war meine Diagnose zu
verarbeiten, brabbelte
der Gnom etwas von Serotonin,
das aus irgendwelchen Gründen bei einer Depression nicht mehr vollständig
produziert wird. Dadurch können Gefühle wie Wut, Trauer und Angst nicht mehr
vernünftig weitergeleitet und recycelt
werden und es kommt zu einem sogenannten
Erregungsstau.
Ha
wie wenn die Toilette verstopft ist und die Kacke sich stapelt und anfängt
zu dampfen. Das würde die Knoten in meinem Kopf erklären und das ich meine
Gefühle nicht mehr differenzieren konnte. In solchen Fällen werden häufig Antidepressiva
verschrieben, die das mit dem Serotonin
wieder in Ordnung bringen sollen.
Ich bin also verstopft und habe zudem Ängste. Na
Super!
Der Gedanke Tabletten zu nehmen hat mir am Anfang
überhaupt nicht gefallen, jedoch hielt ich es an diesem Tiefpunkt für
angebracht, eine medikamentöse
Therapie zumindest in Erwägung zu ziehen.
Die Tabletten würden nicht abhängig machen und ich
solle sie mindestens ein halbes Jahr nehmen. Zu Beginn der Einnahme kann es zu
unangenehmen Nebenwirkungen kommen, die jedoch nach ein paar Tagen abklingen
sollten. Die angstlösende Wirkung setzt meist sofort ein und auch der Antrieb
wird in den ersten Tagen gesteigert. Nur die Stimmungsaufhellung lasse sich
ein paar Wochen Zeit.
Als ich die Praxis verließ, war ich müde und
erschöpft, aber auch irgendwie erleichtert, zu wissen dass ich mir das alles
nicht nur eingebildet habe und es die einzig Richtige Entscheidung war, sich
Hilfe zu holen.